Die Geschichte zur Figur der Mutter Gottes in der Kirche Maria Heimsuchung

Foto und Text: Manfred Pfeiffer, nach Erinnerungen von Pfarrer Richard Vinzent.

Als die Madonna von Ommersheim ein Wunder bewirkte

Die Ommersheimer Pfarrkirche „Mariä Heimsuchung“ ist das größte Gotteshaus in Mandelbachtal. Über 800 Menschen finden in ihr Platz. Neben einem wirklich sehenswerten Kreuzweg an den Seitenwänden und den abstrakt gestalteten Buntglasfenstern im Neubau, sind in der Kirche vor allem die zahlreichen Statuen von Heiligen beeindruckend.

Im rechten Seitenschiff, das ehemals der Altarraum der alten Kirche war, befindet sich hinter Glas geschützt, eine Madonna mit Kind. Recht unscheinbar steht die kleine Marienfigur an diesem Ort, den man leider aus dem großen Kirchenschiff überhaupt nicht einsehen kann. Wer sie sehen will, muss extra dort hingehen.

Nur wenige wissen, wie diese sehr alte Figur nach Ommersheim gekommen ist. Aber noch weniger werden die Geschichte von dem Wunder kennen, das die Figur vor dem Zweiten Weltkrieg an dem Ommersheimer Hermann Uth bewirkt hat. Wie die Madonna ihm das Leben gerettet hat, wollen wir Ihnen heute erzählen.

Dem Ommersheimer Hermann Uth zog es zur Saargebietszeit in die Ferne. Der Elektriker machte sich die offenen Grenzen vom Saargebiet nach Frankreich zunutze und arbeitete in der Gegend von Lyon.

Im Jahr 1929 hatte der damals 27jährige beruflich auf einem Bauernhof in dem kleinen französischen Dörfchen Montceaux-lès-Vaudes zu tun, das etwa 14 km südöstlich von Troyes liegt. Das Dorf in der Champagne gehört heute zum Département Aube in der Region Grand Est.

„Bei meiner Arbeit als Elektriker war ich Zeuge, wie Kinder des Bauern mit einer alten Marienfigur spielten. Ihr beliebtester Spielplatz war der große Misthaufen. Die Kinder zogen an einem Strick ihr Spielzeug hinter sich her, so dass die alte Figur völlig mit Mist und Puhl verschmutzt war!“ erinnerte sich Hermann Uth später an ein denkwürdiges Erlebnis auf dem Hofgut der Bauernfamilie Manigre.

Der gläubige Uth war sehr erschrocken über die unwürdige und respektlose Behandlung, die der Marienstatue zuteil wurde. Deshalb sprach er mit dem Hofherr und bat ihn, ihm die alte Figur gegen Bezahlung zu überlassen. Der Hofbesitzer lehnte diese Bitte aber mit der Begründung ab, die Figur sei doch das Spielzeug seiner Kinder.

Aber Hermann Uth gab sich mit dieser Aussage nicht zufrieden. Der gläubige Katholik brachte stattdessen zwei Kataloge aus seiner Werkstatt mit, in denen verschiedene Kronleuchter abgebildet waren.

Sein neuer Vorschlag, dass sich die Familie Manigre einen wundervollen Kronleuchter als Tauschobjekt für die Madonna aussuchen dürfe, fand schließlich dann doch noch offene Ohren.

So kam das Tauschgeschäft zustande und die beschädigte und stark verschmutzte Madonnenfigur wechselt ihren Besitzer.

Als der Ommesheimer die Figur später von ihrem Schmutz befreit hatte, kam unter dem Dreck eine kunstvoll geschnitzte Holzfigur zum Vorschein.

Es handelte sich um eine bekrönte Muttergottes mit dem Kind. Sie hält es leicht nach vorne gebeugt über ihrem linken vorgestellten Bein.

Über ihrem gefaltelten blauen Kleid trägt die Maria einen roten und goldfarben gefütterten Mantel, dessen Säume glatt auf dem Boden aufliegen. Für dieses schöne Stück hatte Uth gerne einen Kronleuchter hergegeben.

Als dann endlich der Tag der Heimfahrt nach Ommersheim gekommen war und Hermann Uth sein Auto für die weite Reise packte, legte er die Madonna ungesichert auf den Rücksitz seines Autos. Dies sollte für ihn aber auf der langen Heimfahrt über die damals noch sehr schlechten Straßen nicht folgenlos bleiben.

„An einem Abhang fuhr mir die Figur plötzlich an den Kopf, so dass ich etwas benommen meinen Wagen zum Halten bringen musste!“ erinnerte sich Hermann Uth an diesen besonderen Tag. Die ungesicherte Figur war mit Schwung nach vorne gekippt und hatte den Fahrer äußerst schmerzhaft am Hinterkopf getroffen.

„Ärgerlich legte ich die Statue wieder auf den Rücksitz. Doch kaum war ich wieder angefahren, löste sich das linke Vorderrad und rollte eine steile Böschung hinab. Das Rad beendete seinen wilden Lauf erst in einem Haferfeld. Da ich aber erst im Anfahren war, war es für mich eine Kleinigkeit, das Auto mit drei Rädern noch zum Halten zu bringen!“

Sofort wurde Hermann Uth klar, dass ihm sein ungeplanter Stopp das Leben gerettet hatte. Offensichtlich hatte eine göttliche Macht ihm den Erwerb der Figur und ihre Rettung von dem Misthaufen gedankt, indem sie ihn vor einem sehr schweren Unglück bewahrte.

„Mit großer Mühe habe ich das verlorengegangene Rad wieder den steilen Abhang heraufgeschafft, neu montiert und bin mit meiner wertvollen Fracht weiter nach Ommersheim gefahren!“

Dort angekommen, erfuhr schon bald auch der damalige Ommersheimer Pfarrer Georg Eberlein (1890-1967) aus dem Munde von Hermanns Vater von der alten Madonna und den wundersamen Ereignissen. Da dem Pfarrer die Muttergottes gut gefiel, wollte er sie dem jungen Mann abkaufen.

Doch Hermann Uth war dazu nicht bereit: „Ich lehnte diesen Wunsch ab, da die Madonna für mich keinen finanziellen, sondern einen ideellen Wert darstellte!“

Nach längerem Hin und Her schenkte er deshalb die Figur seiner Heimatpfarrei, allerdings mit der Auflage, dass sie entweder in einem Pfarrhaus oder in der Kirche Mariä Heimsuchung aufbewahrt werden müsse. Geld wollte er dafür nicht.

So verblieb die Madonna in den nachfolgenden Jahrzehnten in der Obhut von Pfarrer Eberlein, der sie zunächst in seinem Pfarrhaus in Ommersheim und nach seinem Wechsel nach Heckendalheim auch dort im Pfarrhaus aufbewahrte.

Nach seinem Eintritt in den Ruhestand 1965 begleitete die Figur den Pfarrer in sein neues Domizil in Rödersheim in der Pfalz. Dort stand sie bis zu seinem Tod am 1. Dezember 1967.

Die Marienfigur gelangte nun in den Besitz von Eberleins Haushälterin Barbara Reißinger, die als alleinige Erbin im Testament benannt war. Deshalb blieb die Madonna zunächst auch weiterhin in Rödersheim.

„Auf ihrem Sterbebett beauftragte Barbara Reißinger ihren Neffen, Herrn Pfarrer Gregor Reißinger, sich der Madonnenfigur anzunehmen. So kam die Figur in das Pfarrhaus nach Kusel.“ erinnerte sich der spätere Ommersheimer Pfarrer Richard Vinzent (1911-2006).

Vinzent konnte die Madonna dort dann im Herbst 1973 abholen und wieder zurück nach Ommersheim bringen. Am „Tag der Alten“ zeigte er sie dem inzwischen 72jährigen Hermann Uth, dem daraufhin die Tränen in die Augen schossen.

Sowohl den Pfarrer als auch Hermann Uth dauerte der Zustand, in dem sich die Madonna befand. So wurde beschossen, die Figur restaurieren zu lassen.

Die Restaurierung erfolgte durch den Bildhauer Heinrich Betz aus Bexbach und danach in der Werkstätte des Kirchenrestaurators Otto Schultz aus Herxheim. Beide erkannten schnell, dass sie da einen echten Schatz in ihren Händen hielten.

Der Kirchenrestaurator ließ deshalb das Alter der Figur gleich durch drei Professoren unabhängig voneinander schätzen. Der erste schätzte sie auf das Jahr 1260, die beiden anderen auf die Zeit um 1300.

Die Figur war demnach rund 750 Jahre alt und damit nicht nur fünfmal so alt wie das heutige Ommersheimer Kirchengebäude. Sie ist damit auch eine der ältesten Marienfiguren im Saarland überhaupt.

Um die wertvolle Figur vor Diebstahl und Vandalismus zu schützen, wurde sie nach dem Abschluss der Renovierungen in einen sicheren Marienschrein gestellt, der von der Kunstschlosserei Kohlert in Ensheim für sie angefertigt wurde.

Nach einer Marienfeierstunde, die am 7. September 1975 am Ommersheimer Weiher unter großer Beteiligung der Bevölkerung stattfand, wurden der Schrein und die Madonna an ihren jetzigen Platz in der Kirche Mariä Heimsuchung gebracht.

Dort kann die wundertätige Madonna bis heute besucht und angebetet werden. Eine Marienfigur, die in einer Zeit entstanden ist, in der sich in Europa ein regelrechter Marienkult ausgebreitet hatte.

Viele Kirchen waren nämlich im Hochmittelalter nach der Gottesmutter benannt worden. Marienwallfahrten und fast alle Marienfeste sind, genau wie der Rosenkranz und das Ave Maria, in dieser Zeit entstanden, letzteres wurde um 1220 sogar zum allgemeinen Gebet der Christenheit erklärt.

Bis zum Ende des Mittelalters wurde der Gottesmutter zudem durch die katholische Kirche ihre heutige Stellung, weit über allen Heiligen, zugebilligt.

Maria rückte damit in unmittelbare Nähe zur Dreifaltigkeit und wurde nicht selten auch selbst thronend direkt neben Jesus Christus dargestellt. Diese einmalige Stellung findet auch bei der Ommersheimer Madonna ihren Ausdruck in der Krone und den wertvollen Kleidern.

Die Faszination Mariens prägte in der Entstehungszeit der Figur das religiöse Empfinden, die Dichtung und die bildenden Künste des Mittelalters.

Im Gegensatz zu den Heiligen, die nur in bestimmten Nöten um Beistand angefleht wurden, betet man zu Maria in allen möglichen Angelegenheiten und Situationen um Hilfe, insbesondere in der Todesstunde.

So kann man es wohl auch als Wunder betrachten, dass Hermann Uth mit der Entscheidung die Madonna von dem Misthaufen zu retten zugleich auch sein eigenes Leben gerettet hat, da ihm durch eine göttliche Fügung die Figur just in dem Moment an seinen Hinterkopf schnellte, als ihm ein tödlicher Unfall unmittelbar bevorstand… und so hat Maria ein weiteres Mal geholfen!

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